writing


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In 2008, I conceived the idea of writing the experiences of my life with DID (dissociative identity disorder) in five novels plus epilog. The doctors and therapists treating my disorder encouraged me to write. The working title of the series is Stories of an Illness, and the main character, the protagonist, is named Juni Shimata. The five projected volumes flow chronologically as follows:

1. Beat Childhood, birth to age 9, including family migration history

2. Coming of Age in California, age 9-27

3. Who Are Juni Shimata? (written in German with the German title Sushi, Muschi, Musik), age 27-35 -- Read the Prolog in German below

4. Paris Choice, age 35-40 -- Read the Prolog below

5. (no title), age 40-55

6. Epilog, age 55 to present

 

An extract of Volume 1, my text Road Girl, is available in print and as eBook and can be purchased at Shop. I am working on an audio-book version.

 

From Paris Choice:                         Prolog. The Iron Horse

A supernova collapses, spatters into space, final link in exothermic fusion. Ancient metal, earth’s inner ore; Mars, man, iron. Seething and thrumming, forging and singing, from iron emerges culture. Was there humming? A word? Is speech choice over song? Tools, jewels, bars, curvilinear flowing designs. What craftsman makes it all? Thor slings his hammer, a locomotive screeches into a station. In a small red compartment huddled in the corner, a tiny figure drones a refrain: on the point of her knife. Who is figure, who her master? Hammer without hand, nodding iron donkey, oil pumps dotting landscape of home. A thousand hammers pound inside, her head on the tip of a dagger. Leaderless forces work in space, sledging paths through entropy. Who is master, who is poet? Does a hammer have a conscience? Is a poet master of words? Who’s master of the poet? Why did a composer set those images to ice cube music in 1953, the year when Juni Shimata was gestated and born? She’s coming to Paris now to try and figure it out.

Another small excerpt from Paris Choice is on my Facebook page.


 

From Sushi, Muschi, Musik:                     Prolog

Die Kontinente lagen eng aneinandergeschmiegt, kleine bauschige Entlein in einer großen blauen Meerespfütze. Bis sie langsam auseinanderdrifteten und die ersten zweibeinigen Tiere erschienen. Zwei Beine mit einem Speer, zwei Beine mit einem Gesang. Mit seinem Speer stellte er seine Beute, mit ihrem Summen sang sie die Gemeinschaft zusammen. Ficken und singen, singen und ficken. Es ist nicht überliefert, aber möglich, dass er sie von hinten in den Nacken biss beim Paaren, wie das Entenmännchen das Weibchen. Auch ist nicht bekannt, ob sie dabei gesummt hat. Nur so viel wissen wir: Heute gehören Sex und Musik zu den meistgesuchten Begriffen im Internet.

Die Routine war etabliert, die Kontinentaldrift hielt inne. Da zog es die zweibeinigen Tiere wieder zueinander, und sie vermischten sich – Tendenz steigend: wie auf dem Schreibtisch das Laptop, hergestellt in Asien mit Materialien aus Afrika; wie daneben der Espresso, gebraut mit Bohnen aus Südamerika, geröstet in Europa. Die Kontinente gehen wieder aufeinander zu. So auch die ersten Zellen Juni Shimatas. Ein Spermatozoon geladen mit der DNS der japanischen Geschichte rast in ein Ei, prall gefüllt mit dem Kulturerbe Europas. Jetzt unzertrennlich in der Doppelhelix des genetischen Codes vereint und vermehrt. Ficken und singen, singen und ficken.

*          *          *

Mitten in der Weltwirtschaftskrise im konföderierten Südstaat Virginia verwaist Junis Mutter, die hübsche, blauäugige Azure. Der Vater, ein Landarzt, steckt sich bei einem Patienten mit Diphtherie an. Zwar beobachtet schon 1928 Alexander Fleming einen merkwürdigen Bakterien tötenden Schimmelpilz, aber die industrielle Produktion von Penicillin läuft erst 1942 an. Kein Penicillin, Vati tot. Azures Mutter schmachtet vor sich hin, bis ein Gebärmutterhalskrebs sie ganz zerfrisst. Azure wird zur Mutter ins Krankenhaus für einen Abschiedskuss gebracht. Tschüss, Mutti. Das kleine blonde Waisenkind trifft es noch schlimmer. Azure wird nicht zur Lieblings-Jungfern-Tante in die Großstadt Baltimore geschickt; man hält es für gesünder, sie zu einer intakten Familie aufs Land zu schicken. In den 30ern. Im Süden. Also wird Azure zu Tante und Onkel mit den vier Buben auf ein altes Plantagen-Anwesen geschickt, einen ehemaligen konföderierten Wachtposten an der Chesapeake Bay. Schöner ruhiger Ausblick. Aber Landjungs haben dunkle Ideen, was man mit einer kleinen blonden Puppe anfangen kann. Azure klappt wie eine Chesapeake-Bay-Muschel zu. Danach bleibt nur ihr schönes Lächeln übrig. Eine Maske. Und ein eiserner Überlebenswille.

Schwamm drüber! Weg hier! Fortschreiten!

Etwa zehn Jahre später auf der anderen Seite der Weltkugel bereiten die kaiserlich japanischen Marineluftstreitkräfte einen kühnen Angriff vor. Am 7. Dezember 1941 attackieren die Nihon-Bombenjäger Pearl Harbor. Mit einem Schlag verpufft der längjährige Isolationismus der USA. Am Tag darauf unterzeichnet Präsident Franklin D. Roosevelt eine Kriegserklärung an Japan. Aber nicht genug des Unterzeichnens. Zehn Wochen später unterschreibt Roosevelt die Executive Order 9066, und alle 150.000 Bewohner der US-Westküste mit japanischen Vorfahren werden in Internierungslager eingewiesen. Die Wüstenhitze des Arizona-Lagers versengt den formbaren Geist eines bis dahin patriotischen Medizinstudenten, Juro Shimata – drei Jahre lang. Ein weißer Gönner sichert dem Klassenbesten einen Studienplatz im Landesinnern, aber ein Wüstenbrandzeichen nimmt Juro mit.

Kein Schwamm drüber. Juro will die Massenhysterie begreifen. Weg hier! Fortschreiten! Er möchte Psychiatrie studieren …

Nach dem Krieg treffen sich zwei erschlagene Geister in New York. Nicht nur sie sind erschlagen. Es ist die Erschlagenheit, die eine ganze Nachkriegsgeneration zeichnet und ihr einen Namen gibt (nämlich 1948 durch Jack Kerouac): die Beat-Generation, die Erschlagenen. Wie Azure und Juro.

Eigentlich dürfte zu diesem Zeitpunkt in den USA die große, grazile Azure mit dem kompakt muskulösen Juro keine Verbindung zu Fortpflanzungszwecken eingehen. Denn die Gesetze gegen gemischtrassige Ehen aus der Kolonialzeit werden erst 1967 im Zuge der Bürgerrechtsbewegung höchstrichterlich im ganzen Land aufgehoben. Azure und Juro lieben den Fortschritt – auch einander? New York liebt den Fortschritt! Mischehen sind fortschrittlich und daher in New York erlaubt.

Die weißhäutige Südstaatlerin bricht eine Lanze gegen den Rassismus, und der ehrgeizige, gelbhäutige Jungarzt gewinnt ein Statussymbol. Azure und Juro Shimata heiraten in New Yorks Little Church Around the Corner und versuchen, Ehe zu spielen. Bis zu Juros Zwangseinweisung in die Klinik … Bye-bye, Psychiatrie.

Schwamm drüber! Weg hier! Azure und Juro schreiten nach Kalifornien fort und lenken sich mit Zeugung ab. 1953 geben sie ihr schweres Erbe an ein schreiendes achtpfündiges japano-amerikanisches Baby mit vielen Haaren und schwarzen Augen weiter, an ihre Tochter, Juni.

Ficken und singen, singen und ficken.